Workshops für alle Generationen
Das Projekt ParkWandel des Musenkuss e.V. möchte im Jahr 2023 den sichtbaren Wandel im Park Charlottenhof in den
Blick nehmen mit workshops, die Spaziergang, Wissensvermittlung und künstlerische Umsetzung verbinden. Menschen zwischen 5 und 85 Jahren sollen eingeladen werden, die Ästhetik der Parkgestaltung
ebenso wahrzunehmen wie die Anzeichen der Veränderungen der majestätischen Bäume.
Wir wünschen uns eine heterogene Teilnehmenden-Struktur, da wir Thema und Umsetzung gleichermaßen für alle Generationen für interessant und förderlich halten. Mit wertschätzenden Kindern und Jugendlichen von heute schaffen wir auch in Zukunft Wertschätzung und Bewahrung von historischem Kulturgut. Für die reiferen Generationen ist es beruhigend, die Themen der Vergänglichkeit, der Pflege und Sorge auch bei den Jüngeren zu wissen. Alle Bilder werden in das digitale Archiv aufgenommen, es gibt es dort weder Hierarchie noch Wertung.
Neue Habitate
Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten steht wie alle anderen Parkverwaltungen in der Welt vor den Herausforderungen des Klimawandels. Viele Bäume sind bereits aus dem Blick verschwunden, da umgefallen bei Stürmen, entwurzelt aufgrund von Trockenheit. Nun geht man anders mit sich aussamenden Bäumen um. Kleine Schößlinge werden besonders geschützt, wenn sie vielversprechend hochwachsen in dieser Zeit. So entstehen zwischen den Bäumen Areale von winzigen Baumschulen, die zukünftig auch Bäume für den neuen Bestand bilden können, und sich bereits bewährt haben an diesem Standort. Und es gibt neue Habitate, die erhalten bleiben in den Baumstämmen, die im Park stehen bleiben, auch wenn den Bäumen aus Sicherheitsgründen ihre Kronen abgetragen werden.
Veränderung bemerken
Beim Spaziergang gehen den Besucher*innen die Augen auf. Im Gehen zeigt sich die Schönheit des Parks mit jedem Schritt neu. Die Aufmerksamkeit wird jedoch auch auf jene Pflanzen gelenkt, die als Neophyten ins Land kamen und sich heute besser mit dem Klima arrangieren können, als heimische Arten und sich dadurch in Geschwindigkeit ausbreiten. Das Abwägen, welche Pflanzen künftig die Parkgestaltung dominieren werden, muss ständig neu stattfinden. Wir können uns derweilen den zarten und starken Veränderungen der Baumsubstanz widmen und sie malerisch festhalten.
Entschleunigung und Beschleunigung
ParkWandel bedeutet auch, dass wir auf historischen Wegen schreiten, spazieren, wandeln. Das ist ein aus dem Alltag herausgerissenes, entschleunigtes Gehen. Alles konzentriert sich auf die reine Naturbetrachtung, so wie es auch Alexander von Humboldt hier vor 180 Jahren tat. Der Beruhigung des eigenen Bewegens steht jedoch die Beschleunigung der Veränderung des Parkareals gegenüber. Gerade erst haben sich die Visionen der Parkgestalter Lenné und Sello erfüllt in der vollständigen Entfaltung der Pracht der Bäume von damals, nun sind sie bald schon wieder hin, ihre Baumlebenszeit neigt sich relativ gleichzeitig dem Ende zu und wird von Umwelteinflüssen noch befördert.
Schönheit bewahren
Immer schon hat die Natur selbst mitgestaltet, wenn Landschaftsgärten geschaffen wurden. Der Klimawandel setzt dem seit 200 Jahren gedeihenden Parkareal allerdings im vergangenen Jahrzehnt besonders stark zu. Die seit zwei Jahrhunderten wachsenden Baumgruppen leiden unter enormen Wegbruch ihrer Substanz, nicht nur des Alters wegen. Die fehlenden Niederschläge in den vergangenen Jahren setzen dem Baumbestand so stark zu, dass sich die Erscheinung des Parks radikal zu verändern beginnt. Die gerade noch ahnbare, einstig geplante Schönheit verlangt danach, von den Besuchern genau in den Blick genommen und auf Papier festgehalten zu werden.
Kompositionen in der Natur
Bei der historischen Wissensvermittlung über die früheren Parkgestalter erfahren die Teilnehmenden über diese Kunst der Komposition von Baumgruppen, sogenannten Clumps. Wie Maler, die ein Gemälde gestalten, wählten die Gartendirektoren bewusst die Zusammenstellung von Wuchsformen, Wuchshöhen sowie farbige Erscheinungen der Bäume übers Jahr hinweg aus, um interessante und kontrastreiche Szenerien zu erschaffen, die den Blick beim Spazierengehen erfreuen sollten. Weite Wiesenflächen, betont freigehaltene Sichtachsen, Wegeführung, Modellierung des Geländes und Einsatz von Strauchwerk wurden zu einem Gesamtbild komponiert, welches sich erst in der Zukunft vollkommen entfalten sollte. Dabei war der meiste Boden damals Sumpflandschaft, volontiert noch heute die vielen Sumpfzypressen künden. Nun ist die damals anvisierte Zukunft der bereits gewachsenen Bäume fast vorüber und es ist an der Zeit, die letzten Früchte der Kunst des Landschaftsgartens wertzuschätzen, sie zu erfahren und die Begeisterung dafür zu entfachen und weiterzutragen. Wir können die Visionen des 19. Jahrhunderts hier gerade noch erhaschen und wertschätzen.
Ablauf
KünstlerInnen und Museumspädagog*Innen mit Parklizenz und Lizenz für Leichte Sprache führen die unterschiedlichen Gruppen etwa 40 Minuten durch den Park Charlottenhof. Dann erfolgt das schnelle Skizzieren einer Baumgruppe, eines Park-Landschafts-Ausschnitts mit Aquarellbuntstiften auf Aquarellkarton. Anschließend wird im Saal des Atelierhauses Scholle 51 das Aquarell mit Farben aus Näpfchen unter fachkundiger Begleitung fertiggestellt. Fotos aller gemalter Parkeindrücken werden schließlich im digitalen Archiv aufgenommen, während die Malerei mit nach Hause genommen wird.
Wertschätzung
Das Projekt rückt die Folgen des Klimawandels und die Verletzlichkeit der gestalteten Natur in den Blick. Es wird der wertschätzende Blick geübt und die kreative Schaffenskraft des Abbildens gefördert.
Es entsteht ein bewahrendes, digitales Archiv unserer Parklandschaft in der Nachbarschaft für die Zukunft.
So werden Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senior*innen zu aufmerksamen Beobachter*innen, die sich an
Gestaltung erfreuen und selbst gestalten. Mit Aquarellfarben fertigen sie ihre eigene Momentaufnahme eines Bildes im Park und überlassen dieses dann einem digitalen Archiv, welches wachsen darf
und die Wahrnehmungen des Jahrs 2023 dokumentiert.
Anhören, Lesen, Betrachten
Um das Gehörte zu unterstützen und nachhaltiger einzuprägen, entsteht eine APP, mit der der Parkbesuch nach dem Workshop noch einmal wiederholt werden kann, um das Gehörte beispielsweise an Verwandte weiterzugeben. Mit der kostenlos zu ladenden APP digiwalk können Besucher*innen mit einem Handy auf den gleichen Pfaden wandeln und sich die Informationen anhören oder durchlesen und auf das wachsende Archiv der Bilder zugreifen. Ein gemeinsames Gedächtnis entsteht, welches mit Freunden, Bekannten, den Großeltern, Eltern und Geschwistern geteilt werden kann.